Der besondere Fall: Lukas
Patient: Lukas, EKH, ml, kastriert, 13 Jahre
Der 13jährige Kater Lukas wurde vor einem Jahr aus dem Tierheim übernommen. Sein Besitzer wusste dass er nur noch wenige Backenzähne hatte.Allerdings war ihm nicht bekannt, dass der Zahnhalteapparat der verbliebenen4 Eckzähne durch chronische Paradontose extrem abgebaut war und sich die Zähne bereits gelockert hatten. Eines Tages hatten sie sich so ineinander verhakt, dass er seinen Mund nicht mehr schliessen konnte.
Die Katze geriet in Panik und versuchte mit den Pfoten das Problem zu lösen, was nicht gelang. Als wir die Katze sahen, schien sie sehr frustriert und unglücklich über ihren Zustand zu sein!! Der Besitzer war sehr betroffen und machte sich Vorwürfe, dass er das Problem nicht früher erkannt hatte. Lukas schien sich seinem Alter entsprechen normal zu verhalten und zu fressen. Da die Katze erst ein Jahr in seinem Besitz war, konnte er die durch die Zahnschmerzen bedingte Verhaltensänderungen allerdings nicht erkennen, da er die Katze dazu nicht lange genug kannte.
Erst nach der Behandlung (Eckzähne wurden entfernt) fiel im auf, dass die Katze anhänglicher wurde, sich auch am Kopf streicheln liess und plötzlich in Seitenlage entspannt schlafen konnte. Lukas hatte immer nur in „Sphinx- Haltung“ geruht um den Kopf gerade zu halten. Offensichtlich wollte er vermeiden, dass seine Zähne Kontakt mit der Liegefläche hatten. Das tat weh.
Einige Hinweise für Zahnprobleme bei Katzen sind:
vermehrter Speichelfluss, Zeigen der Zungenspitze, vermehrtes Niessen, Nasenausfluss (meist einseitig), tränendes Auge.
Verändertes Verhalten: Aggression gegenüber Artgenossen, Unsauberkeit, eingeschränkte Fellpflege, plötzliches Schreien, Gähnen wird eingestellt, veränderte Futteraufnahme ( Futter wird angeknurrt oder geschlagen, Futter wird plötzlich nicht mehr aus der Schüssel gefressen sondern darum herum verteilt), Katze hält sich an Orten auf, wo sie sonst nie zu finden ist- und vieles mehr!!
Fazit: Vielen Tierbesitzern ist nicht bewusst, dass auch Tiere unter Zahnschmerzen leiden können. Die anatomischen Strukturen und insbesondere die Schmerzversorgung der Zähne entspricht denen des Menschen. Das Problem ist allerdings, dass Hunde, Katzen und auch kleine Heimtiere ihre Schmerzen in der Regel nicht deutlich genug äussern um sofort als solche erkannt zu werden. Ich höre den Ausspruch: „aber er frisst ja noch“ sehr, sehr häufig. Man will damit sagen, dass es wohl noch nicht so schlimm um das Tier stehen kann, solange die Futterschüssel regelmässig geleert wird. Leider falsch! Aus langjähriger Erfahrung kann ich sagen, dass Tiere ihr Fressverhalten bei Zahnschmerzen bzw. Veränderungen in der Mundhöhle, nicht radikal sondern nur sehr moderat ändern. Wer sein Tier genau kennt, wird dies allerdings erkennen können. Tiere drücken ihren Schmerz in der Regel durch verändertes Allgemeinverhalten aus. Oft ist es schwierig, dies mit Problemen in der Mundhöhle in Zusammenhang zu bringen. Es liegt an uns dies rechtzeitig zu erkennen und richtig zu deuten